Die Presse: Betriebe klagen über lahmes Internet

Technologie.

Eine Umfrage unter 1000 Wiener Unternehmen zeigt, dass viele nicht optimal mit schnellem Internet versorgt sind. Ein Breitbandausbau ist notwendig, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen.

Ein großes File über eine langsame Internetverbindung zu senden, kostet Zeit und Nerven. Das weiß jeder, der schon einmal ein paar Dutzend oder ein paar Hundert Megabyte versendet hat. Der Ärger mit der Internetverbindung ist kein Einzelschicksal. Eine wienweite Umfrage der Wirtschaftskammer Wien unter Unternehmen brachte ein ernüchterndes Ergebnis. „Fast 40 Prozent der Unternehmen Wiens sind mit der Leistung ihrer Internetverbindung wenig oder gar nicht zufrieden. Das haben wir in dieser Höhe so nicht erwartet“, sagt Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer Wien. Die Umfrage wurde im Auftrag der Sparte Ende April bis Anfang Mai durchgeführt. 1000 Unternehmen haben daran teilgenommen. Heimhilcher: „Damit ist das die größte Unternehmensbefragung zum Thema Breitband bisher.“

Zu langsam, störungsanfällig

Hauptkritikpunkte der Unternehmen waren die mangelnde Geschwindigkeit, 57 Prozent der Befragten führten dieses Problem an, und die Häufigkeit von Störungen, das kritisieren immerhin 29 Prozent der Betriebe. 27 Prozent der Unternehmen hatten vier Mal pro Jahr oder öfter eine Störung ihrer Internetverbindung, 16 Prozent sogar über zehn Mal. 61 Prozent hatten vier Mal pro Jahr oder öfter den Eindruck, dass die Internetverbindung zu langsam war oder eine Anwendung wegen mangelnder Internetgeschwindigkeit nicht funktionierte. Heute sind diese Schwierigkeiten mitunter bloß ärgerlich und zeitraubend. Aber schon in naher Zukunft, wenn die Digitalisierung auf breiter Ebene Realität wird, kann ein langsames Internet vielen Unternehmen die Arbeit unmöglich machen. Auch Geschäfte übers Internet werden weiter an Bedeutung gewinnen und sie benötigen ebenfalls schnelles und stabiles Internet. „Faktum ist“, sagt Heimhilcher, „dass den Wiener Unternehmen der Breitbandausbau sehr wichtig ist.“ Das sagen 84 Prozent der Befragten. 63 Prozent meinen auch, dass in Wien für den Breitbandausbau zu wenig getan wird. Die Wirtschaftskammer Wien tritt schon seit Langem für einen rascheren Ausbau des Breitbandnetzes sowohl über Glasfaser als auch über 5G ein. Die nun vorliegenden Daten, so hofft die WKW, werden die Notwendigkeit dieser Forderung unterstreichen. Bis dato gab es kaum Material zum Thema Breitbandversorgung von Unternehmen in Wien. „Aus unseren vielen Gesprächen mit Unternehmen wussten wir bereits, dass Betriebe immer wieder Probleme mit der Geschwindigkeit und Verfügbarkeit von Breitbandinternet in der Stadt haben“, sagt Heimhilcher, „die Umfrage untermauert das jetzt mit Daten.“

Problematische Randlagen

Geantwortet haben vor allem kleinere und mittlere Unternehmen aus allen Branchen und Bezirken – wie es der Unternehmensstruktur in Wien entspricht. Besonders unzufrieden waren Unternehmen, die in Hietzing (56 Prozent), Simmering (50 Prozent), Döbling (49 Prozent) und Liesing (48 Prozent) angesiedelt sind. Heimhilcher: „Das bestätigt auch unsere Annahme, dass Betriebe vor allem in den Randlagen Wiens mit der Internetversorgung kämpfen. Hier befinden sich auch die Betriebsgebiete, in denen besonders viele Unternehmen ihren Standort haben.“ Innerstädtisch gibt es aber ebenfalls in einzelnen Bezirken Probleme. In Neubau und im 1. Bezirk sind jeweils fast die Hälfte – 48 Prozent der befragten Unternehmen – mit der Internetversorgung nicht zufrieden. Martin Puaschitz, Obmann der Fachgruppe Ubit – Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT, berichtet über ein weiteres Ergebnis der Umfrage, nämlich wofür Wiener Betriebe das Internet einsetzen: „Fast alle für E-Mails, Browsen oder Onlinebanking, das ist klar. Aber bereits 54 Prozent nutzen das Internet für Cloud-Computing. 58 Prozent versenden große Dateien, wie Pläne, Fotos oder Druckunterlagen. 62 Prozent nutzen es für den Datenaustausch mit Behörden.“ Auch die qualitativen Anforderungen an die Internetverbindung wurden in der Befragung berücksichtigt. 73 Prozent der Unternehmen geben hier „Verfügbarkeit und Ausfallssicherheit“ an. 52 Prozent benötigen eine garantierte Bandbreite. Latenz – also das schnelle Laden von Seiten – ist 21 Prozent der Unternehmen wichtig.

Anforderungen steigen

Puaschitz: „Es zeigt sich also, dass die Anforderungen an die Internetanbindung laufend steigen. Datenintensive Anwendungen sind eindeutig im Vormarsch. Cloud-Computing verbreitet sich.“ Auch bei den verfügbaren Bandbreiten zeigt sich Aufholbedarf. Durchschnittlich konnten die Unternehmen nur eine Upload-Geschwindigkeit von 19,2 Mbit/s nutzen. Beim Download liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei mageren 66 Mbit/s. „Schnelles Internet – auch über das Mobilnetz – ist aber die Basis für praktisch alle Zukunftsanwendungen wie das Internet of Things oder autonomes Fahren. Rascher Breitbandausbau ist daher ein Gebot der Stunde. Wir dürfen hier unseren Unternehmen die Zukunft nicht verbauen“, sagt Puaschitz. Das sei auch den politischen Verantwortlichen in Wien klar, meint Information- und Consulting-Obmann Heimhilcher: „Wir stehen in intensivem Kontakt mit der Stadt Wien, die schon ein offenes Ohr für Wiener Unternehmen hat. Denn ohne schnelles Internet können die Betriebe die Chancen der Digitalisierung nicht nutzen, kann es kaum wirtschaftliche Zukunft geben.“

INFORMATION
Kritik. 57 Prozent der Wiener Unternehmen klagen in einer Umfrage der WKW über mangelnde Geschwindigkeit des Internets, 29 Prozent der Betriebe kritisierten häufige Störungen. Besonders unzufrieden waren Unternehmen in Hietzing, Simmering, Döbling und Liesing. Immer mehr Betriebe nutzen das Internet für datenintensive Anwendungen wie Cloud-Computing. Für 84 Prozent der Befragten ist der Breitbandausbau daher sehr wichtig.