Public: Ãœber den Wolken

Cloud-Computing ist eine Entwicklung innerhalb der IT-Dienstleistungen, ohne die ein Arbeiten mit großen Datenmenden kaum mehr möglich wäre.

Die Europäische Raumfahrtagentur FSA macht aus ihren Daten kein Geheimnis mehr: Sie beauftragte das deutsche Telekom-Unternehmen T-Systems mit der Entwicklung einer Cloud-Plattform, über die Unternehmen künftig Erdbeobachtungsdaten der ESA-Satelliten nutzen können.

Die hochaufgelösten Bilder und Radaraufnahmen der Erde, die über Copernicus — so der Name der Cloud — abgerufen werden können, liefern beispielsweise wichtige Umweltparameter für die Land- und Forstwirtschaft, dienen dem Monitoring der Klimadaten von Städten und Ozeanen oder unterstützen das Management von Luftqualität. Aber auch die öffentliche Verwaltung nutzt die neuen Technologien zunehmend, um effiziente Abwicklung ihrer Datenströme unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten zu gewährleisten.

EUROPÄISCHE INITIATIVEN… „Die Vielzahl an Cloud-Initiativen im öffentlichen Sektor europaweit und bei der Europäischen Kommission zeigt die Wichtigkeit und den breiten Blickwinkel auf, unter dem dieses Thema zu betrachten ist“, ist Wilfried Prager, Programm Manager Cloud im BRZ, überzeugt. In Österreich sprang man hier schon rechtzeitig auf den Zug der Zeit auf, so Jäger: „Wir haben bereits früh mit der Bereitstellung von webbasierten Bürger-Diensten wie dem Portal „Finanz Online“ und auch dem Unternehmensservice-portal begonnen und so eine ‚Private Gouvernement Cloud‘ geschaffen.“

Thomas Kunz, Geschäftsführer von Smile-IT, weiß ebenfalls um die Potenziale der Cloud-Architektur. War doch eines seiner jüngsten Projekte die Entwicklung der Internet-Of-Things Strategie im Rahmen der Digitalen Agenda der Stadt Wien. „Die öffentliche Verwaltung und die Finanz waren seit jeher die zurückhaltenden Branchen bei der Frage der Einführung von Cloud-Computing. Das ändert sich gerade. Die letzte Bastion gegen Cloud-Computing bröckelt und wird letztlich einstürzen.“

Martin Puaschitz. Obmann der Fachgruppe für Unternehmensberatung Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) Wien und die Wirtschaftskammer-Initiative Austrian Cloud selbst in Sachen Cloud Dienstleistung aktiv, bestätigt die Entwicklung: „Cloud-Computing ist keine technische Modeerscheinung, sondern schlicht die nächste Entwicklungsstufe. In vielen Unternehmen sind Cloud-Lösungen bereits Standard, und auch in der öffentlichen Verwaltung kommen immer mehr solcher Anwendungen zum Einsatz.“

POTENZIALE UND … Die IT-Experten bestätigen unisono Cloud-Computing eine rosige Zukunft. BRZ-Programm Manager Cloud Jäger: „Diese neue Technologie adressiert beide Verwaltungs-Teilnehmer ‚, einerseits die Bürgerinnen und Bürger, andererseits die Verwaltung selbst.“ Die Erwartungshaltung der Bevölkerung formuliert Jäger so: „Sie wollen intuitive, selbsterklärende Services im Umgang mit der Verwaltung, proaktive Empfehlungen und rasche Ad-hoc-Antworten auf ihre Fragen. Und selbstverständlich Transparenz über den Status der Anfragen und einen mobilen Zugang.“ Die Verwaltungsbeamten wiederum benötigen zur effizienten Erfüllung ihrer Aufgaben „sehr flexible Irr , weiß der Cloud-Experte — und auch sie stellen Anforderungen: rasche Updates der Applikationen und Laufzeiten rund um die Uhr, ergänzende Informationen zu den Bürger-Anfragen und effiziente Nutzung der IT-Infrastrukturen.

IT-Experte und UBIT-Sprecher Puaschitz ortet zunächst für die öffentliche Verwaltung im Grunde das gleiche Nutzen wie auch für privatwirtschaftliche Unternehmen in der Nutzung von Cloud-Diensten: „Höhere Sicherheit, mehr Flexibilität

Martin Puaschitz: Unsachgemäße Nutzung kann zu großem Schaden führen.

tät und Kostenvorteile.“ Sicherheit deswegen, da durch die dezentrale Speicherung Daten nicht mehr durch Hardware-Schäden oder Diebstahl verloren gehen können. „Zudem haben Gemeinden oft nicht die Mittel und das Personal, ein ähnlich hohes Sicherheitslevel wie spezialisierte Rechenzentren zu gewährleisten. Darüber hinaus bringt die Nutzung von cloudbasierter Software jenen Vorteil, dass diese laufend aktuell gehalten wird, was sich sowohl auf Sicherheit, aber auch Performance der Systeme auswirkt.“ Gerade für Gemeinden, die mit zahlreichen personenbezogenen Daten ihrer Bürgerinnen und Bürger arbeiten, sei die Datensicherheit ein äußerst wichtiges Thema. Ähnliche Szenarien, die für einen Cloud-Einsatz sprechen, beschreibt auch IT-Berater Kunz. Entscheidend ist für ihn, „dass Institutionen der öffentlichen Verwaltung von denselben Vorteilen profitieren können, wenn sie exakt prüfen, wo ihnen Grenzen in der Nutzung von Cloud-Diensten auferlegt werden“.

AUCH RISIKEN… Bei all der Euphorie her die vielfältigen Möglichkeiten der Datenbehandlung müssen wesentliche Fragen vorab jedoch beantwortetet den. UBIT-Sprecher Puaschitz: „Um die Vorteile in puncto Sicherheit auch tatsächlich nutzen zu können, müssen die Mitarbeiter diese Cloud-Dienste entsprechend bedienen können. Unsachgemäße Nutzung kann hier zum Gegenteil, nämlich zu großem Schaden, führen. Daher ist auch das Personal entsprechend zu schulen bzw. zu sensibilisieren.“ Ein weiteres Risiko beim Einsatz von Cloud-Services kann entstehen, wenn Nutzer nicht wissen, wo ihre Daten gespeichert sind und welche Rechtslage dort herrscht. „Leider ist das oft der Fall. Gerade für Gemeinden ist aber wichtig, über diese Informationen im Bilde zu sein. Aus diesem Grund sollte bei der Wahl eines Cloud-Anbieters auf dessen Vertrauenswürdigkeit und auf die Serverstandorte geachtet werden“, rät Puaschitz. Idealerweise sollten die Daten in Österreich oder zumindest in der EU gelagert werden.

Differenziert sieht Wilfried Jäger, Programm Manager Cloud im BRZ, die Gefahren in der Public Cloud: „Die größten Skaleneffekte und die günstigsten Preise für IT-Services — Infrastruktur, Plattformen oder Software — sind in der Public Cloud erzielbar. Für Unternehmen, aber auch für die öffentliche Verwaltung sprechen allerdings mehrere Gründe gegen die Nutzung von Services aus der Public Cloud: Neben spezifisch österreichischen Anforderungen (Datenschutz, österreichische Gesetz) gelte es, die „digitale Souveränität“ zu erhalten: „Dies betrifft den Schutz vor Beschlagnahmung, Veräußerungen oder auch die Insolvenz bei IT-Dienstleistern sowie die Kontrolle über potenzielle Subunternehmer.“

BLICK IN DIE ZUKUNFT… Freilich ist man — nicht nur im BRZ — neuen Entwicklungen damit neue Optionen in Sachen Cloud Services aufgeschlossen, betont Jäger:

  • Auskunftssysteme, die auf sprachliche und Mailanfragen der Bürger/ innen antworten.
  • Blockchain Services ermöglichen eine gesichert e-ldentität und somit sichere Transaktionen zwischen Staat und Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern.
  • Big Data-Verarbeitung ist auf Basis neuer Cloud Technologien kostengünstig möglich.
  • Analytics Services sollen unterschiedlichen Dienststellen auf einer „Private-Cloud-Basis“ die Tools zur Identifizierung und Ãœberprüfung von Betrugsfallen zur Verfügung stellen.

Auch für IT-Experte Thomas Kunz sind „epochale Trends“ für die öffentliche Verwaltung denkbar: „Die Anwendungen gehen von Smart Buttons im öffentlichen Raum aus, um mit dem Bürger in Interaktion zu treten, reichen über ortsbezogene Tourismus-Information bis hin zu bedarfsoptimierten öffentlichen Anlagen wie Beleuchtung oder Müllsammelstellen, intelligente Parkraumbewirtschaftung, intelligente Ampelanlagen zur Optimierung des Verkehrsflusses, Luftqualitätsmanagement, digitale Unterstützung des Bürgers bei Amtswegen und vieles mehr.“ Der Fantasie sind wohl kaum Grenzen gesetzt…