Wiener Wirtschaft: Breitband für alle statt Schneckentempo

In Wien ist es mit der Breitband-Versorgung der Unternehmen nicht gut bestellt. Für viele Betriebe reicht die Datengeschwindigkeit nicht mehr aus, um die Chancen der Digitalisierung nutzen zu können. Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck fordert von der Politik rasches Handeln.

Mit einer leistungsfähigen Internet-Verbindung versorgt zu sein, ist auch im Jahr 2018 in Wien keine Selbstverständlichkeit. Denn während in den anderen Bundesländern der Breitband-Ausbau zügig voranschreitet, passiert in Wien vergleichsweise wenig. Vor allem in den Betriebsgebieten: Im Betriebsgebiet Liesing etwa, das mit 560 Unternehmen und 7000 Mitarbeitern das größte in Wien ist, klagen 45 Prozent der Betriebe über die niedrige Geschwindigkeit ihres Internetanschlusses, 35 Prozent sind mit seiner Stabilität unzufrieden. Mehr als E-Mails schreiben und online surfen ist da meist nicht möglich. Die Chancen der Digitalisierung können diese Betriebe nicht voll nutzen.

Für Wirtschaftskammer Wien Präsident Walter Ruck ist dieser Zustand unerträglich: „Leistungsfähiges Breitbandinternet ist eine existenzielle

Zukunftsfrage für unsere Unternehmen. Die Politik ist aufgefordert, die entsprechende Versorgung sicherzustellen.“ Bis 2020 werde sich der Breitbandbedarf in Liesing wie auch in den 27 anderen Wiener Betriebsgebieten verdoppeln. „Schnelles Internet gehört heute zur notwendigen Grundinfrastruktur genauso dazu wie Straßen, Strom- und Wasserleitungen“, sagt Ruck. Die öffentliche Hand stehe hier in der Pflicht.

EU bewertet Österreich kritisch

Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung ortet auch die Europäische Kommission: Im neuesten Digitalisierungsindex der Europäischen Union (EU) lag Österreich zuletzt auf Platz zehn von 28 EU-Staaten, bei der Breitband Abdeckung auf Platz 13. „Österreich gehört zur Ländergruppe mit mittleren Ergebnissen“, stellt der Bericht fest. Überdurchschnittlich gute Werte erreicht Österreich bei den digitalen öffentlichen Diensten, besonders schlechte bei der Internetnutzung. „Genau das hat viel mit der Internet-Geschwindigkeit zu tun“, erklärt Ruck.

Mehr IT-Fachkräfte ausbilden

Handlungsbedarf sieht Ruck auch bei der Ausbildung – und zwar gleich an mehreren Fronten. Einerseits bei der Zahl der IT-Studienplätze an Universitäten und Fachhochschulen, denn der heimischen IT-Branche fehlen tausende Fachkräfte. Andererseits müsse Digitalisierung auch in den Schulen wichtiger werden. „Digitale Kompetenzen werden in der Zukunft genauso wichtig sein wie Lesen, Schreiben und Rechnen“, so Ruck. Bei der technischen Ausstattung in den Schulen und der Weiterbildung der Lehrer gebe es Verbesserungsmöglichkeiten. Auch sämtliche Lehrberufe müssten fit für das Digitalisierungszeitalter gemacht werden. Bei einem Teil ist das schon passiert. So ist vor kurzem der neue Lehrberuf E-Commerce-Kaufmann bzw. -Kauffrau entstanden.

Deutlich im Verzug sei die Politik beim Thema Arbeitszeit-Flexibilisierung. „Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt grundlegend. Es entstehen neue Berufe, während andere wegfallen, und es ändern sich auch die Art zu arbeiten, die Orte des Arbeitens und die Arbeitszeiten“, sagt Ruck. Das derzeit sehr unflexible Arbeitsrecht enge Betriebe und ihre Mitarbeiter viel zu sehr ein. Ein echter Nachteil für unsere Wettbewerbsfähigkeit, wie Ruck findet.

Amazon & Co fair besteuern

Auch im Steuerrecht gibt es Handlungsbedarf, vor allem bei der Besteuerung von international agierenden Online-Händlern. „Die Umsätze des Online-Handels steigen rasant, internationale Anbieter haben daran einen wesentlichen Anteil. Aufgabe der Politik ist, unseren heimischen Anbietern einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen“, fordert Ruck.

Service-Tipp

Digitalisierungspaket der WK Wien: Nutzen Sie die vielen Online-Services, Beratungsangebote und Fortbildungen der Wirtschaftskammer Wien und ihrer Bildungseinrichtungen zum Thema Digitalisierung. Alle Infos unter: wko.at/wien

Austrian-Cloud
Neues Gütesiegel für sichere Cloud-Anbieter aus Österreich

In welche Cloud man seine Daten ablegt, ist nicht egal. Schon gar nicht für Unternehmen, denn daran hängen auch Haftungsfragen. Auf Initiative der Sparte Information & Consulting der WK Wien (Obmann Martin Heimhilcher) und der Fachgruppe (Obmann Martin Puaschitz) gibt es seit vergangener Woche das neue Gütesiegel „Austrian Cloud“. Dieses können alle österreichischen Cloud-Anbieter beantragen, die die Daten ihrer Kunden auf Servern im Inland lagern. Sie müssen sich dafür zertifizieren lassen. Die ersten 100 Bewerber werden kostenlos zertifiziert. Alle Infos unter: www.austriancloud.net

Datenschutz-Grundverordnung
Was bis Mai noch zu tun ist

Es bleiben nur noch wenige Wochen, bis es mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung ernst wird. Wer sich bisher damit noch nicht befasst hat, sollte dies sehr rasch tun, Doch was ist eigentlich zu tun?

Überprüfen Sie den Datenbestand, den Sie über Ihre Kunden, Geschäftspartner, Mitarbeiter und andere besitzen. Sind dies nur personenbezogene oder auch sensible oder strafrechtlich relevante Daten? Entspricht Ihre Einwilligungserklärung den rechtlichen Vorgaben? Wie sicher bewahren Sie die Daten auf und wer kümmert sich bei Ihnen um den Datenschutz? Über diese und viele weitere Fragen findet man heraus, ob und was man als Unternehmen tun muss, um hohe Strafen zu vermeiden.

Digitalisierungsgewinner
Betriebe nützen Digitalisierung als Chance

Die Digitalisierung macht neue Geschäftsmodelle möglich – das zeigte der heurige E-Day der Wirtschaftskammer vergangenen Donnerstag. Ein Beispiel ist das Wiener Logistik-Start-up Byrd. Das Unternehmen nimmt kleinen Webshop-Betreibern die Lagerung, Verpackung und den Versand der Ware ab und automatisiert viele Abwicklungsprozesse. Mehr als 1000 Kunden hat Byrd bereits, ein Lager gibt es in Wien, eines in Berlin. Ware, die vor 13 Uhr bestellt wird, geht noch am gleichen Tag raus. Als nächsten Schritt bereitet Byrd die weitere Expansion in Deutschland vor.

Ebenfalls am E-Day präsentiert hat sich das Wiener Start-up Helferline, eine Vermittlungsplattform für IT-Techniker. Wer zuhause ein IT-Problem hat, kontaktiert das Unternehmen per Telefon oder Website und bekommt den am schnellsten verfügbaren und für die Aufgabe qualifizierten IT-Techniker vermittelt. Bezahlt wird nur, wenn das Problem gelöst wird. Die Techniker verfügen über die notwendige Gewerbeberechtigung und werden von Helferline vorab geprüft.

Schon länger am Markt ist Ubimet. Seit 2004 nützt das Wiener Unternehmen die Digitalisierung zur Auswertung unglaublich großer Mengen an Wetterdaten, um damit Kunden aus der Transportwirtschaft, Bauwirtschaft sowie Versicherungen, Verkehrsdienstleister und viele mehr zu beliefern. „Big Data“ wird hier positiv genutzt.